Lügen, Halbwahrheiten, fehlende Details …

Egal, wie Du´s nennst, das Ergebnis ist immer das Gleiche:

Du gehst in die falsche Richtung.

5 Kernaussagen zur Muskelhypothek prägen die Diskussion, wie damals, als die Welt noch eine Scheibe war.

Ich bin an den Rand gegangen und erzähle Dir, wie´s da aussieht.

Ja, hier gibt´s auch unbequeme Wahrheiten.

Nicht nur Styl, Schick und immer das Gleiche.

Also lass uns mal einen ungeschminkten Blick auf die Realität werfen…

Von Mario Hermann | 13.06.2022

#1 Ist die Muskelhypothek der beste Weg beim Hausbau zu sparen?

Das wichtigste Frage zuerst.

Dazu ein kleiner Rückblick auf meine Bauherrenkarriere.

Meine Ausgangssituation

2016: Das erste Gespräch mit einer Hausbaufirma in der Nähe.

Beim Chef persönlich.

Er überreicht mir ein Planungsbeispiel.

Ich will genau so ein Haus – nur ohne Erker.

Der Schock kommt, als ich auf Seite 2 blättere und den Preis sehe.

1,5 Geschosse mit 130qm für 264.400€.

Ohne Bodenplatte.

Damals war das viel.

Ich schlucke und schnappe nach Luft.

Möglichst unauffällig, weil ich weis, dass andere Bauherren schon Schlange stehen…

Mit gefrorener Miene und zittriger Stimme frage ich nach Einsparmöglichkeiten.

Er meint routiniert: Viele Bauherren Malern, manche legen auch selbst Fliesen oder Laminat.

Und ich denke nur: Naja, zumindest gemalert hab ich ja schon mal.

Das fühlt sich an, als wenn Dich der Kapitän bei Windstärke 6 über Bord wirft.

Und einen Rettungsring hinterher.

Ein Ausweg?

Damals war es eine Vermutung, heute bin ich überzeugt:

Muskelhypotheken bieten manche Hausbaufirmen als Beschäftigungstherapie an.

Perfekt, um den Aktionismus junger Bauherren zu kanalysieren.

Oft mit Erfolg.

Aber nicht für die Bauherren.

Wenn Du Dich damit abspeisen lässt, sparst Du ein paar Euro mit Deinen Eigenleistungen.

Aber die fette Beute lässt Du liegen.

Alter Trick: Alternativen auf wenige, kontrollierbare Optionen einschränken.

Und wenn der Bauunternehmer von Risiko spricht, dann hat er vor allem sein Risiko im Blick.

Nämlich die Störung des Bauablaufs, wenn Du zwischendrin Eigenleistungen erbringst.

Besser ist es, aus der eigenen Perspektive zu entscheiden.

Ein Blick über den Tellerrand lohnt sich.

Ich habe alles Mögliche ausprobiert, um beim Hausbau zu sparen.

Das Ergebnis: Es gibt erfolgreichere Strategien, als mit der Muskelhypothek zu sparen.

Sparen mit der Muskelhypothek?

Sparstrategien beim Hausbau Projekt Baumin

Es kommt auf die Details an.

Das merkst Du auch schnell, wenn Du überlegst:

Wieviel kann ich eigenlich mit Eigenleistung sparen?

#2 Mit der Muskelhypothek kannst Du bis zu 15% der Gesamtkosten sparen?

Nu klor.

… Sachsen wissen, was ich meine.

„Für das gesamte Bauprojekt werden bei der Finanzierung zwischen 5 und 15% als Muskelhypothek anerkannt. Immer auch in Abhängigkeit von Deiner Qualifizierung.“

So liest man es bei den Abschreibern im Netz.

Niemand davon weiß, warum ausgerechnet 15%.

Und erst recht Keiner wie das konkret gehen soll.

Vorsicht: Bullshitalarm!

Warum?

Die Erfahungen vom Verband Privater Bauherren VPB

Der Verband Privater Bauherren hat sich vor einigen Jahren die Mühe gemacht, seine Erfahrungen zu veröffentlichen.

Danke dafür. 

Und was hab ich daraus gelernt?

Beispiel für den Leipziger Raum:

Im Mittel wurden die Baukosten mit einem Aufwand von 476 Stunden um 16.000€ gesenkt.

Das macht bei einer Bausumme von 218.000€ ca. 7% aus.

Mit Eigenleistungen konnte also durchschnittlich 35€ pro Stunde eingespart werden.

Achtung: Viele Bauherren übersehen dieses wichtige Detail:

Die reinen Baukosten sind nicht gleich den Gesamtprojektkosten.

Die Bank interessiert sich aber für die Gesamtprojektkosten.

Leider machen die reinen Baukosten oft nur ca. 50% der Gesamtprojektkosten aus.

Von den durchschnittlich 7% Ersparnis durch Eigenleistungen bleiben also gerade Mal noch 3,5%.

Meine Erfahrungen zu Eigenleistungen

Wenn Du die Einsparungen aus dem Beispiel vom VPB mal durchrechnest, schwankt der Stundensatz zwischen Trockenbau mit 31 €/Stunde und Fliesen legen mit 38€/Stunde.

Ich habe durchschnittlich 50€/Stunde gespart. Allerdings schwankt der „Sparstundensatz“ bei meinen 39 Eigenleistungen deutlich heftiger.

Zwischen 20€/Stunde für eine Unterkonstruktion für den Trockenbau (incl. Nacharbeit, weil das erste Ergebnis unbrauchbar war) und 100€ für den Anstrich der Holzdecke mit selbst hergestellter Holzlasur.

@ Verband Privater Bauherren: Für manche Stundensätze, die Ihr als Ersparnis bei Eigenleistungen im Jahr 2016 im Raum Leipzig ansetzt, würde ich sogar heute noch Handwerker finden, die das billiger machen…

35€ Ersparnis pro Stunde für Malerarbeiten in Eigenleistung sind meiner Erfahung nach einfach unrealistisch.

Ich habe über 400 Stunden in Eigenleistungen gesteckt, bei denen ich genau wusste, wieviel ich einspare.

Und bestimmt nochmal soviel in Eigenleistungen, ohne das ich meine Ersparnis wirklich kannte.

Irgendwann war ich so ausgelutscht, wie nach einem Marathon.

Und einfach nur froh, als ich fertig war.

Wenn Du neben dem Hausbau auch noch ein Leben haben willst,

dann sind Eigenleistungen in Höhe von 5% der Gesamtprojektkosten schon viel.

#3 Wie berechne ich den Zeitaufwand für Eigenleistungen richtig?

„Zeitaufwand = Gesparte Lohnkosten/Stundensatz“

Sagen die Theoretiker, die selbst nie Eigenleistungen erbracht haben.

Wenn Du das glaubst, dann glaubst Du bestimmt auch noch, dass Du den optimalen Einstieg in Aktien berechnen kannst…

Realistischer ist Folgendes:

Bottom Up

Nach 39 Eigenleistungen lautet meine Faustformel:

Zeitaufwand eines Profis rausfinden und hochrechen:

  • Zuschlag 10%, weil ich Aufwand habe, die ganzen Werkzeuge zu kaufen bzw. zu mieten.
  • Nochmal 10%, weil ich erstmal Videos anschauen muss, um die Technik und Risiken zu verstehen.
  • Nochmal 10%, weil mir die Praxis fehlt.
  • Nochmal 10%, weil ich Ausschuss produziere, den ich nacharbeiten muss.

Nicht wissenschaftlich aber wirksam und schnell.

Kleines Beispiel – mein Fliesenleger

Er wollte 35€ für zusätzliche Arbeiten [2017, Leipzig].

Wenn ich Fliesen als Eigenleistung erbracht hätte, dann wäre mein Aufwand 1,4 mal so hoch, wie beim Profi.

Mein Stundensatz für diese Eigenleistung wäre also nicht 35€ sondern irgendwas um die 25€.

Sorry, das ist mir zu wenig.

Das lasse ich lieber machen.

Und nutze die Zeit für wichtigere Dinge.

Top down – So berechnest Du Deine Muskelhypothek realistisch

Wieviel Eigenleistung willst Du in Deine Muskelhypothek einbringen?

Beispielsweise, um die nächste Schwelle zu erreichen, bei der die Konditionen Deiner Bank besser werden?

So würde ich vorgehen….

  1. Frag Deinen Bankberater ab welchem Eigenkapitalanteil ein günstigerer Zins möglich scheint.
  2. Wieviel fehlt bis zu dieser Schwelle? Das ist Deine anvisierte Muskelhypothek.
  3. Willst Du das wirklich? Ohne Erfahrung geht, aber dann brauchst Du eine gute Motivation.
  4. Rechne Dir aus, wieviel Zeit dafür drauf geht – Beim Stundensatz von 15, 35 und 50€.
  5. Hol Deinen Schatz mit ins Boot. Wieviel wollt Ihr wirklich?
  6. Rechne es für die Bank aus. Und steige mit dem Stundensatz von 40€ in die Diskussion ein. 35€ vom VPB [die Baupeise in Leipzig entsprechen ungefähr dem Bundesdurchschnitt] zzgl. Preissteigerung.
Zeitaufwand Eigenleistungen

Beispielrechnung: Zeitplanung in Abhängigkeit vom Stundensatz. Einfache Eigenleistungen werden vor Gericht schonmal mit 15€ pro Stunde kalkuliert. 35€ ist ein guter Durchschnitt laut VPB und 50€ ist gefühlt das Maximum.

Ich habe mir übrigens keine Eigenleistungen von der Bank anrechnen lassen.

Warum?

Verrate ich Dir, aber das bleibt unter uns:

Ich habe mir den Kredit auszahlen lassen, aber weniger Geld gebraucht.

Den Rest hab ich angelegt. Selbst jetzt, wo die Aktien schlecht stehen, bin ich immer noch dick im Plus.

Die Idee? Über die Restlaufzeit vom Kredit steigt mein Depotwert und ich kann die Restschuld am Ende bequem abzahlen.

#4 Muskelhypothek ist nur was für Bauherren mit Erfahrung?

Bullshit.

Was ein Mann kann, kann auch ein anderer.

Ich liebe diesen Spruch aus dem Filmklassiker „Auf Messersschneide.“

Warum?

Weil für mindestens 50% aller Arbeiten wenig Routine gebraucht wird.

Ausnahmen sind Eigenleistungen, wie Putz [außer Lehmputz], Elektro, Heizung und Sanitär [aber da auch nicht alles].

Mit gesundem Menschenverstand, Youtube oder einem guten Buch kommst Du heute schon verdammt weit.

Wenn Du maximal sparen willst, kommst Du an einem Fakt nicht vorbei:

Du musst Deine Eigenleistungen bewusst wählen.

Und da gilt die Formel:

Je beliebter eine Eigenleistung ist, desto weniger sparst Du.

Ein Geheimnis meines durchschnittlichen Sparstundensatzes von 50€ liegt darin, dass ich unkonventionelle Eigenleistungen

erbracht habe.

Dieses Bauchgefühl hat sich mehrfach bestätigt.

#5 Fliesen verlegen, Malern und Bodenbeläge sind optimale Beispiele für Eigenleistungen?

Nö.

Es ist die Art von Eigenleistung, die der Bank, Baufirmen und Architekten gefallen, weil Sie so am wenigesten Stress haben.

Genau deshalb werden die so gern vorgeschlagen.

3 Gründe, warum es bessere Eigenleistungen gibt:

Bauzeitverlängerung

Wenn Du genau diese Eigenleistungen erbringst, was passiert dann mit Deiner Zeitplanung?

Du musst die ganzen Arbeiten stemmen, wenn die anderen Handwerker fertig sind.

Für einen Bürofuzzi, der ich auch mal war, fühlt sich das an, wie aus dem Stand mal eben nen Marathon zu laufen.

Weil andere das so wollen.

Besser, Du erbringst im gesamten Bauablauf immer wieder mal Eigenleistungen und verteilst die gleichmäßig.

Beispielsweise beim Tiefbau, Schornstein oder Fassadenverkleidung.

Irgendwas, das nicht negativ auf die Bauzeit durchschlägt.

Perfide finde ich, dass überall vom Risiko der Bauzeitverlängerung gesprochen wird und gleichzeitig genau die Eigenleistungen empfohlen werden, die dieses Risiko maximieren.

Einsparpotential

Wie groß ist das wohl, wenn alle Bauherren die gleichen Eigenleistungen machen?

Ich sag´s Dir: Geringer als gedacht.

Weil die Handwerker gar nicht so viele Aufträge haben.

Viele Bauherren kämpfen mit den hohen Baupreisen. Was passiert?

Mehrkosten bei den Rohbaugewerken müssen kompensiert werden durch Einsparungen beim Ausbau.

Also wird noch mehr selbst gemacht und die Handwerker vom Innenausbau haben oft gar nicht sooo viele Aufträge…

Zumindest auf die Trockenbauer, Maler, Fliesenleger, Parkettleger trifft das zu.

Gute Zeiten, um Angebote zu vergleichen und günstiger zum Zug zu kommen.

Bei der Vergabe, nicht beim selber machen.

Gerade jetzt scheint die Gelegenheit günstig, mit unkonventionellen Eigenleistungen zu sparen.

Qualität

Du bist ein ungeübter Möchtegernhandwerker, wie ich damals?

Warum willst Du dann die Endoberflächen machen, wo man jeden kleinen Piep sieht?

Das Problem: 90% der Fliesen bekommst zu wie der Profi an die Wand.

Aber die Restlichen 10% entscheiden über den Gesamteindruck.

Die Feinheiten: Übergänge zum Parkett, Silikonfugen, Löcher schneiden, Zierleisten montieren…

Und am Ende sagt Dein Besuch entweder: Wow, genial.

Oder: Ah, Eigenleistung Fliesenlegen…

Auf geht´s !

Was hast Du gerade gelernt?

Vielleicht die wichtigste Lektion für Bauherren überhaupt:

Vertraue auf Deinen gesunden Menschenverstand und folge nicht willenlos irgendwelchen Öxperten.

Auch wenn nicht alles Lügen sind, führen plakative Sprüche oft in die falsche Richtung.

Ich hoffe, mit diesem Beitrag konnte ich dem etwas entgegen setzen.

Viel Erfolg beim Hausbau!

Bleib neugierig.

Dein Mario

PS: Fragen? Dann schreib einfach einen Kommentar.

Vielleicht gefällt Dir die Antwort nicht, aber ich antworte immer.

WER SCHREIBT HIER?
Sparen beim Hausbau - Der Macher: Mario Hermann
Hallo, mein Name ist Mario Hermann. Ich zeige Bauherren, wie man auch heute noch kostengünstig und solide bauen kann. Dabei hilft mir Kreativität und Pragmatismus. Hin und wieder auch das Studium der Landschaftsarchitektur (Dipl-Ing.) und Wirtschaft (Dipl.-Wirt. Ing.) an der TU Dresden. Planungsbüros kenne ich noch aus dem ersten Berufsleben. Nach 10 Jahren habe ich den Job als Unternehmensberater an den Nagel gehängt. Und 2017 meinen Hausbau zum Experiment gemacht.

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