Schöne Fassaden sind selten.

Dafür kommen Bauherren oft mit einem Plan der Fertig- oder Massivhausfirma nach Hause und denken:

„Naja, sieht ganz gut aus.

In diesem Beitrag will ich Dir erzählen, wie Du vom Naja zum WOW kommst.

Auch wenn ich noch auf der Suche nach der perfekten Fassade bin, habe ich doch schon ein paar Prinzipien gefunden.

Lass und mal schaun, was Du wissen solltest, bevor Du entscheidest, wie Deine Fassade aussehen soll.

Von Mario Hermann | 29.9.2020

Die Grundregeln der Fassadengestaltung

Fangen wir bei diesem „Naja, sieht ganz gut aus.“ an.

Das hab ich auch erst unterschätzt.

Denn letztendlich heisst es nichts anderes als: „Wenn´s nichts anderes gibt, nehm ich halt das.“

Meine Frau nennt das STÖRGEFÜHL.

Du fühlst Dich nicht 100% wohl, kannst aber nicht sagen, woran das liegt.

Dieses Gefühl bekommst Du, weil die Fassadengestaltung heute oft gegen die Grundregeln der Fassadengestaltung verstößt.

#1 FARBHARMONIE

#2 SYMMETRIE

#3 RHYTHMUS

Das sind genau die 3 Punkte, die historische Fassaden meist stimmiger erscheinen lassen, als die Standard – Einfamilienhäuser.

Damals wurde einfach mehr wert auf die Fassadengestaltung gelegt.

Lass uns mal schaun, was dahinter steckt.

#1 Farbharmonie

Weil jeder ein BESONDERES Haus haben will, wird beim Thema Fassadenfarbe gern gekrampft.

Das Ergebnis kannst Du im ganzen Land bewundern.

Von Lichtgelb über Schweinchenrosa bis Marineblau.

Der Baufirma ist es am Ende schließlich egal, welche Farbe drauf kommt.

Also pass auf: Wenn Du bei der Farbe daneben liegst, kann es schnell besonders hässlich werden.

Die Hauptfehler sind:

1. ZU HELL – dann braucht jeder, der sich Deinem Haus bei Sonne nähert, eine Sonnenbrille und

2. ZU Dominant – dann hast Du das rote Haus in der Strasse.

Pastelltöne sind immer eine gute Wahl. Und hier lieber einen Ton heller als gedacht, denn große Flächen wirken automatisch kräftiger.

Wenn Du Inspiration suchst, dann geh doch mal durch historische Stadtteile. Dort gibt es oft denkmalgeschützte Häuser, bei denen regelmäßig viel Wert auf historische Farbkombinationen gelegt wird. Am Besten gleich fotografieren.

In Leipzig ist das zum Beispiel die Kombination von hellgelb, gern auch mit Klinker und dunkelgrünen Fensterrahmen.

Farbkombination Leipzig

Historische Gründerzeitfassade [Leipzig Schleußig, 2020]

Farbkombinationen, die schon historische Wurzeln haben und einfach neu interpretiert werden, haben einen mächtigen Vorteil. Das Haus fügt sich harmonisch in die Siedlungsstruktur ein.

#2 Symmetrie

Ruhige, erhabene Fassaden sind in der Regel symmetrisch gegliedert.

Das trifft auf fast alle historischen Gebäude vor 1945 zu

UND

Auf fast keine Einfamilienhäuser, die heute gebaut werden.

Warum eigentlich?

Vielleicht, weil vollständige Symmetrie leicht langweilig wirken kann.

Dann ist Deine Fassade so spannend wie eine leere Exceltabelle.

Oder, weil bei einem kleineren Haus viel schwieriger eine Symmetrie herzustellen ist.

Symmetrische Fassade

Historischer Gasthof mit symmetrischer Fassade [Vorarlberg, Östereich 2018]

#3 Rhythmus

Es gibt aber noch ein wirkungsvolleres Mittel gegen lange Weile.

Dabei wird bei guten Fassadengestaltungen oft nur eine Eigenschaft variiert.

So kann Spannung erzeugt werden und trotzdem bleibt das Bild harmonisch.

Die Fassade in einem erkennbaren Rhythmus zu gestalten, ist eine hohe Kunst.

Weil der Grundriss schließlich auch zur Fassade passen muss.

Klar, keiner will ein Fenster, dass durch eine Wand geteilt wird.

Das Einfachste: Der Grundriss mit seinen Fenstern und Türen bestimmt die Gliederung der Fassade.

Das ist genau das, was Du heute fast überall siehst.

Denn wenn die Fassade bewusst geplant wird, sind oft Kompromisse nötig.

Bei meinem Haus gibt es zum Beispiel ein bodentiefes Fenster gleich hinter dem WC.

Erstmal gewöhnungsbedürftig, aber besser als den Rhythmus der Fassade zu brechen.

Es gibt aber auch noch andere Möglichkeiten, die Fassade zu gliedern.

Beispielsweise durch die Kombination verschiedener Materialien.

Fassade mit Rhythmus

Holzfassade mit Verschattungselementen [Leipzig Plagwitz 2020]

Materialien für Fassaden

Bevor ich Dir die gängigsten Fassadenmaterialien kurz vorstelle noch ein kleiner Tipp. Wenn Du Ideen für Deine Fassade suchst, dann achte nicht nur darauf, welches Material Dir gefällt, sondern welche konkreten Kombinationen. Spannend ist beispielsweise der Kontrast zwischen rauen und glatten Flächen.

Kombination Holzfassade - Glas

Kombination von rauen Holz mit glattem Glas [Vorarlberg, Österreich 2019]

#1 Die Putzfassade

Mit Abstand die häufigste Form der Fassade. Leider oft als monotoner Glattputz in Körnung 1-2 mm hergestellt. So bekommst Du vermeintlich den günstigsten Preis, dafür aber auch eine Standardlösung.

Dabei gibt es so viele verschiedene Möglichkeiten. Alleine wie der Putz verieben wird, oder gestrichen oder mit einem Besen behandelt. Gerade moderne Putzfassaden greifen diesen strukturierten Putz wieder auf.

Zum Glück.

Wir haben uns auch für Putz mit Besenstrich entschieden.

Wenn Du mehr dazu wissen willst, dann hier lang.

Fassade mit Rauputz

Historische Fassade mit Rauputz [Colditz 2020]

#2 Die Klinkerfassade

Ist schon was Edles, klar.

Sie wird bei den Investitionskosten allerdings nur von wenigen Materialien übertroffen.

Für alle, die die hohen Kosten beim Neubau scheuen, gibt es eine gute Nachricht:

Die Unterhaltungskosten sind dafür weit geringer, als bei anderen Fassaden.

Selbst wenn Du die Kosten über den gesamten Lebenszyklus rechnest, ist die Klinkerfassade günstig.

Und das etwas angestaubte, biedere Image haben moderne Klinkerfarben schon lange hinter sich gelassen.

Moderne Klinkerfassade

Moderne Klinkerfassade an Stadthaus [Leipzig 2020]

#3 Die Holzfassade

Neu gebaute Häuser im Alpenraum zeigen oft die ganze Pracht dieses Materials. Und Holz schafft sofort eine behagliche Atmosphäre.

ABER: Ein großer Unterschied zu anderen Materialien ist das Altern der Holzoberfläche.

Schon nach wenigen Tagen beginnt die Verfärbung durch Sonneneinstrahlung, Regen & Co. Während die anderen Materialien über die Zeit gleich bleiben, kann Holz alle möglichen Farben zwischen gelblich, rötlich, braun, grau bis fast schwarz annehmen.

Dabei können die Farbunterschiede bei großem Dachüberstand schon stören.

Besonders gut passen Holzfassaden demnach zu Häusern ohne Dachüberstand. Dann verwittert die Fassade gleichmäßig …

Holzfasse mit typischer Verwitterung

Ca. 10 Jahre alte Holzfassade mit Verwitterungsspuren [Vorarlberg, Österreich 2019]

#4 Die Natursteinfassade

Die macht immer was her, ist aber auch die teuerste Variante. Selbst, wenn die Natursteine „nur“ davor gehängt werden.

Wenn Du ein altes Haus kaufst, den Putz abklopfst und Naturstein zum Vorschein kommt, dann nutze dieses Potential.

Sonst wär´s mir zu teuer.

Aber geht´s auch richtig billig?

Und was würde das bedeuten?

Spannende Frage.

Fassade mit Naturstein, Holz und Glas

Schule mit Fassade aus Naturstein, Holz und Glas [Hommersag, Norwegen 2020]

Low Budget Fassaden

Ja, es gibt Sie. Aber kaum mehr als eine Hand voll Experimente.

Ganz wenige Lösungen, die oft von Architekten oder Bauingenieuren beim eigenen Haus „ausprobiert“ werden.

Experimentelle Architektur quasi.

Beispiele dazu findest Du in dem Buch Best of Low Budget Häuser – 50 Projekte von Thomas Drexl.

Da werden Fassaden schon mal mit durchscheinenden Industrieelementen verkleidet oder mit Kunststoff-Vlies.

Das zeigt, dass kostengünstig oft mit alternativen Materialien erreicht werden kann.

Spannend bleibt bei diesen Lösungen, wie die Fassaden nach 5, 10 oder gar 20 Jahren aussehen.

Fassade Textil Holz

Wohnhaus mit Holz und Textilfassade [Vorarlberg, Österreich 2019] Bei größerem Anteil an Textil wäre die Fassade dann auch Low Budget …

Die graue Fassade an meinem Haus

Aber was braucht eine graue Fassade, um wirklich schön zu sein?

Wir haben uns für Putz mit Besenstrich entschieden.

Das würde ich immer wieder tun.

Wenn Du eine graue Fassade haben willst, dann brauchst Du etwas, dass die lange Weile ausgleicht.

Einen Spritzer Raffinesse.

Das ist bei meinem Haus die interessante Struktur vom Besenstrich und übergroße Faschen.

Das kann aber auch ein Sichtbeton mit Flusskieseln sein.

Oder eine Fassadenbegrünung.

Graue Fassade

Einfamilienhaus mit Putz aus Besenstrich und Rhombusschalung Lärche [Brandis 2020]

Wenn Du eine graue Fassade mit Glattputz wählst und einen kurzen Einheitsrasen davor, dann ist das so spannend, wie dem Gras beim Wachsen zu zusehen.

Vielleicht willst Du ja etwas mehr …

Dann empfehle ich Dir den Klassiker für graue Fassaden: Die Kombination mit warmen Farben, wie orange, braun oder Holz. Die warmen Elemente können Fenster und Türen sein, oder auch ein Materialwechsel auf der Wand.

Graue Fassade mit Holz

Grauer Putz mit Besenstrich kombiniert mit Rhombusschalung Lärche [Brandis 2020]

Fassade mit Grau und Braun

 Fassade mit vergrautem Holz und braunen Fensterrahmen [Leipzig 2018]

Fazit

Es lohnt sich, in die Fassadengestaltung etwas mehr Zeit zu investieren.

Erstens kannst Du Dich jedesmal freuen, wenn Du nach Hause kommst.

Zweitens verkauft sich ein Haus mit ein bisschen WOW – Effekt besser, falls es mal notwendig sein sollte.

Fassadengestaltungen bei denen Du den Mund nicht mehr zu kriegst, sammle ich übrigens auf der Pinnwand Fassaden mit Charakter.

Weil es so schön ist, die ganze Welt der Möglichkeiten zu erfahren, statt sich nur am Standard um die Ecke zu orientieren.

Übrigens:  Jeder, der mir auf Pinterrest folgt, bekommt ein Lächeln geschenkt.

Probiers doch mal aus!

Ich wünsch Dir bei Deiner Fassadengestaltung viel Erfolg.

Bleib neugierig.

Dein Mario

WER SCHREIBT HIER?
Sparen beim Hausbau - Der Macher: Mario Hermann
Hallo, mein Name ist Mario Hermann. Ich zeige Bauherren, wie man auch heute noch kostengünstig und solide bauen kann. Dabei hilft mir Kreativität und Pragmatismus. Hin und wieder auch das Studium der Landschaftsarchitektur (Dipl-Ing.) und Wirtschaft (Dipl.-Wirt. Ing.) an der TU Dresden. Planungsbüros kenne ich noch aus dem ersten Berufsleben. Nach 10 Jahren habe ich den Job als Unternehmensberater an den Nagel gehängt. Und 2017 meinen Hausbau zum Experiment gemacht.

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