Wie finde ich einen guten Architekten?
Wenn Du günstig bauen willst, gehst Du genau mit dieser Botschaft auf die Suche nach Deinem Traumarchitekten.
Das wird natürlich nix.
Es geht darum überhaupt erstmal einen Architekten zu finden, der seinen Titel verdient hat. Und dann auch noch Zeit und Lust hat mit Dir ein Projekt zu starten. Eine Empfehlung von einer verlässlichen Quelle kann hier Gold wert sein.
Das Glück hatte ich nicht. Ich habe selbst einige Zeit investiert um einen Architekten zu finden. Konkret: 33 Anfragen per Mail, 11 Gespräche und 3 Vertragsverhandlungen. Aber der Aufwand hat sich gelohnt.
Warum will ich Dir gern erzählen.
Text: Mario Hermann
Letzte Bearbeitung: 05.10.2021
Die Situation
Jeder baut.
Eben nicht nur der möchtegern Eigenheimbesitzer. Neue Straßen, Schulen, Kindergärten, Einkaufstempel, Loftwohnungen, Industriehallen, Seniorenresidenzen und und und. Jeder baut – oder will zumindest.
Und jetzt kommst Du noch. Toll!
Und dann solls auch noch der Stararchitekt sein?
Ja bitteschön!
Guuuut. Pass auf!
Mein Plan
Du kannst davon ausgehen, dass gute Architekten gerade auch gut zu tun haben. + Das Honorar für Dein Haus ist im Vergleich zu anderen Bauprojekten eher gering. Es gibt also vermutlich wirtschaftlich attraktivere Projekte für Deinen Traumarchitekten.
Also mein Tipp: Mach Strecke!
Ich hab einfach eine Masteranfrage erstellt und dann an 33 Büro’s im Umkreis verschickt. Die Büro’s habe ich über das Büroverzeichnis der Architektenkammer Sachsen gefunden. Eben nicht mit google. Das kann ja jeder!
Aufwand für die Erstellung der Mail: 20 Min. + ca. 5 Min. pro Anfrage. Insgesamt also ca. 3 Stunden Arbeit. Das geht.
Von 50% Büro’s hatte ich innerhalb von 24 Stunden eine Rückmeldung und 11 konkrete Termine.
Das Gute: Bei einem Vor-Ort-Termin lernt man auch gleich die Arbeitsumgebung des Architekten kennen. Das Schlechte: Bei den Terminen ist wirklich viel „Ausschuß“ dabei gewesen.
Mein 2. Tipp: Konzentriere Dich auf die, die Dich gleich zurückrufen. Diese Telefonate klären schnell ob sich beide eine Zusammenarbeit vorstellen können. Und man darf hoffen, dass der Architekt in anderen Dingen genauso effizient arbeitet.
Mein 3. Tipp: Vergiss die Website! Den Internetauftritt habe ich erst nach Terminvereinbarung angeschaut. Und trotzdem alle Termine wahrgenommen. Sogar bei Büros ohne Website! Ich will ja keine Website kaufen sondern ein Haus. Sobald die Architektenauswahl für Bauherren wieder kompfortabler wird, empfehle ich das Gegenteil. In dem Fall würde ich meinen Architekten auch über Houzz oder Pinterrest suchen.
Mit 3 Architekten habe ich einem 2. Termin auf dem Grundstück vereinbart und Vertragsverhandlungen geführt.
Und das war gut so.
Auch die Honorarordnung lässt einen gewissen Spielraum zu. Für ein Einfamilienhaus ist beipielsweise die Honorarzone 3 im unteren bis mittleren Bereich üblich. Für ein Einfamilienhaus mit einer Nettobausumme von 300T€ fällt nach HOAI dann mindestens ein Honorar von 40T€ Netto an. Natürlich ohne Grundstück. Details zur Berechnungsgrundlage findest Du beispielsweise bei der Architektenkammer Baden Württemberg.
Mindestens genauso wichtig wie das Honorar war mir der Leistungsumfang und die Kündigungs- und Haftungsklauseln. Deshalb mein 4. Tipp: Prüfe den Architektenvertrag sorgfältig!
Meiner Erfahrung nach verhandeln Architekten sehr ungern Verträge. Das passt nicht zu den Schöngeistern. Kaum ein Vertragsentwurf wird von einem Anwalt geprüft sein. Da kann es schonmal sein, das der von der Haftpflichtversicherung des Archtiekten kommt. Im besten Fall ist der dann neutral. Eher aber zugunsten des Architekten geschrieben.
Hier habe ich Architekten gefunden …
Das Büroverzeichnis der Architektenkammer Sachsen.
Pinterrest, der perfekte Ideensammler.
Houzz. Foto’s, Ideen, Experten und mehr …
Wenn Du noch immer nicht genug hast: Die 8 Kriterien für Deinen Traumarchitekten!
Der Gestaltungsanspruch
Es ist doch ein schönes Gefühl, schon jetzt in einem Haus zu wohnen, dass in 20 Jahren modern ist.
Ein Zitat von einem Architekten…
Wow, was für ein Anspruch. So verspricht man charmant ein spannendes Projekt!
Und so verfliegt mit einem Schlag meine größte Angst. Einen Architekten zu beauftragen der sein Geld nicht wert ist. Wozu bezahle ich einen Architekten, wenn er mir am Ende ein Haus liefert, dass ich auch „von der Stange“ haben kann?
Bei den Gesprächen mit den Architekten habe ich sehr genau darauf geachtet, welche Gestaltungssprache in den Projekten realisiert wurde. Die muss einfach passen.
Leider habe ich bei 20% meiner Gespräche keinen Einblick in abgeschlossene Projekte bekommen. Schade. Die Kandidaten waren zuerst raus. Wenn ich dann gar keine Entwürfe zu Gesicht bekomme, sondern nur ein Buch „Mein Traumhaus“ oder letzte Woche der Server explodiert ist und kein Backup mit den letzten Projekten vorhanden ist. Dann ist mir das einfach zu wenig.
Wenn man einen Einlbick in die Projekte eines Architeken bekommt, kann man sich schnell verlieben. Wenn man hier keinen Bezug findet, sollte man es sein lassen.
Die Entwurfsvielfalt
Die Zusammenarbeit mit einem Architekten verspricht ein individuelles Haus. Also läuft etwas falsch, wenn die Referenzprojekte alle wie Klone aussehen. Mir geht es beim Kriterium Entwurfsvielfalt ausschließlich um die kreative Lösung einer Aufgabenstellung.
Was waren die besonderen Wünsche der Bauherren? Wie wurden diese im Projekt umgesetzt?
Nicht zu verwechseln ist der Punkt mit der Vielfalt an Gebäudetypen. Ich fand es sympathisch, wenn ein Architekt nicht nur Einfamilienhäuser geplant hat.
Das Kostenminimierungspotential
Die Frage danach wirkt wie Kryptonit bei Superhelden.
Ein schwieriges Thema. Aus mehreren Gründen.
Der wirtschaftliche Grund: Das Honorar des Architekten wird nach den Baukosten des Gebäudes berechnet. Damit ist klar, dass der Architekt bei einer besonders kostengünstigen Planung sein Honorar gleich mit einspart.
Der ästhetische Grund: Kostenoptimierung wird als Zwang empfunden. Als wenn man einem Maler nur eine eingeschränkte Farbpalette zur Verfügung stellt.
Der Haftungsgrund: Günstige Baumaterialien können höhere Risiken für den Bauablauf bedingen. Die Fenster aus Polen zum Beispiel. Was, wenn Sie einfach nicht passen oder falsch eingebaut wurden? Das Konfliktpotenial ist höher und damit der erwartete Aufwand.
Die Frage nach Einsparpotentialen beim Hausbau sollte man gerade deshalb unbedingt stellen. Schließlich lassen die Antworten auch erahnen wie sich der Architekt in schwierigen Situationen verhält.
Der Realisierungsdrang
Es gibt 2 Arten von Architekten. Deinen wollen das Projekt von Beginn bis zum Ende betreuen. Die Anderen nur die ersten 5 Leistungsphasen. Also bis zur Ausführungsplanung. Die Mitwirkung bei der Vergabe und Bauleitung wird dann meist an ein Bauingenieurbüro abgegeben.
Wir wollten alle Leistungsphasen aus einer Hand. Einfach weil uns das Risiko von Abstimmungsproblemen zu groß schien. In den Plänen ist halt immer nur ein Teil der gestalterischen Idee festgehalten. Oft werden Details auch nur über die Ausschreibungstexte definiert. Mit dem Wechsel des Planers kann hier viel verlohren gehen. Immerhin ist ja das fertig gebaute Haus das Ergebnis, nicht der schöne Entwurfsplan.
Du hast andere Erfahrungen gemacht? Schreib mir im Kommentar dazu!
Die Kommunikation
So wichtig, wie die Luft zum atmen.
Die Herausforderung ist, alle Projektbeteiligten dazu zu bringen in Ihrem Bereich optimale Ergebnisse zu erzielen. Das bedeudet viel Abstimmungsarbeit. Zwischen Bauherr und Planer, Statiker, Baubehörden, Bauleuten, Nachbarn, Bodengutachter, Vermesser und so weiter.
Wenn sich die Beteiligten nicht verstehen wirds schwierig. Der Architekt spielt hier eine zentrale Rolle. Umso wichtiger ist es, dass er eine gute Kommunikation beherrscht.
Nach den ersten Kontakten hat man zumindest ein Gefühl für die Tendenz.
Einen professionellen Eindruck haben bei mir die Architekten hinterlassen, die mich nach meiner Anfrage direkt zurückgerufen haben. So konnten wir in wenigen Minuten am Telefon klären, ob ein gemeinsames Projekt denkbar ist. Das für mich gute Kommunikation. Schnell, direkt und auf dem Punkt.
Das Zeitgefühl
Zeit ist ein wichtiger Faktor für den Projekterfolg.
Die Frage nach dem zeitlichen Ablauf eines Hausbauprojekts habe ich immer gestellt. Letztlich hat mich der konkrete Fertigstellungstermin aber nur am Rande interessiert.
Denn einen vertraglich definierten Termin kann man beim Architektenvertrag eh vergessen. Das liegt schon in der Natur der Sache. Der Architekt baut halt nicht, sondern die Handwerker. Bei einer Einzelgewerkvergabe kann man folglich erst mit der Vergabe aller Gewerke einen seriösen Zeitplan aufstellen.
Wichtiger war mir deshalb hier eine Antwort, die verschiedene Einflußgrößen darstellt und Zusammenhänge erklärt.
Präzision im Gespräch
Kennst Du das?
Du sprichtst mit Jemanden über ein Thema.
Es geht um wichtige Entscheidungen und beide haben unterschiedliche Standpunkte.
Und dann geht’s los. Man redet und redet und redet. Aber die Informationslage wird nicht besser. Es kommen immer neue Problemfelder hinzu. Und die wollen auch bedacht werden. Und dann gibt es ja noch das Beispiel, was zeigt, dass …
Am Anfang ging’s um den Dachbelag und am Ende wird über die Badeinrichtung gesporchen. Aber ohne das erste Thema abzuschließen.
Stop! So macht’s keinen Spaß!
Ein guter Architekt sollte Fragestellungen klar abgrenzen können und Vorteile aber auch Nachteile deutlich machen.
Und damit eine gute Entscheidung vorbereiten.
Du bekommst schnell einen Eindruck, wie gut Themen abgehandelt werden, indem Du immer wieder prüfst: War das wirklich die Antwort auf meine Frage? Wenn ich dann unsicher bin, fasse ich die Antwort einfach nochmal selbst zusammen. Positiver Nebeneffekt: man merkt sich das Gesagte auch gleich besser.
Sympathie
Du wirst mit Deinem Architekten viel Zeit verbringen. Und Du musst Vertrauen haben, damit es funktioniert. Das geht einfach besser mit Menschen, die einem sympathisch sind.
Letztlich eines der wichtigsten Kriterien.
Hör auf Dein Bauchgefühl. Mit wem hast Du Lust das vielleicht größte Projekt Deines Lebens zu stemmen? Die Entscheidung mußt Du nicht rational erklären!
So hab ich’s gemacht. Und würde es auch wieder tun. Jetzt weißt Du Bescheid.
Am Besten, Du legst gleich los.
Ich wünsch Dir viel Spaß bei Deiner Suche nach dem Traumarchitekten.
Die Suche lohnt sich.
Beib neugierig!
Dein Mario
Übrigens: Hier findest Du die 3 besten Bücher, wenn Du ein Architektenhaus bauen willst.
Ciao Mario.
Als Architektin (praktizierend in der Schweiz) finde ich, hast Du einen sehr guten Überblick geliefert.
Wie Du leider richtig gesehen hast, sind kleine Hausbau-Projekte für Architekten finanziell nicht unbedingt lukrativ.
Entsprechend wichtig ist es auch, das das Büro
1. Interesse hat an Deinem Projekt, UND
2. auch genügend Zeit dafür aufbringen kann UND
3. in der Lage ist, Dir schon gebaute Projekte zu zeigen.
In meiner Erfahrung brauchen gerade Projekte, bei denen kostengünstig gebaut werden soll, MEHR Planungszeit. Weil natürlich viel mehr analysiert, verworfen und recherchiert werden muss.
Das ist ja auch ok, aber wie Du schon ansprichst, sind eine schnelle, unkomplizierte Kommunikation; sowie ein sympathisches Verhältnis absolute Pflicht.
Entsprechend finde ich es nicht unverhältnismässig, 33 Büros anzufragen. Schliesslich werden viele keine Zeit haben, nicht Deinen Wünschen entsprechen oder aus sonstigen Gründen ‚rausfallen‘ – wie Du schon sagtest.
Ich würde vielleicht noch ergänzen, mit was man gewappnet sein soll für die Termine.
Was hattest Du da mit dabei?
Wichtig wäre vielleicht:
– Ein A4-Ausdruck des Grundstücks (am besten auch gleich, in welcher Baurechtlichen Zone es sich befindet)
– Ein oder mehrere Bilder von Gebäuden, die Dir gefallen (wie Du schon sagst, Haus von der Stange wird auch den Architekten nicht in Begeisterungsstürme versetzen – ausser er hat keine Zeit – was eh ein Alarmsignal ist)
– Eine kurze Liste mit Dingen, die Dir persönlich wichtig sind. Ist es Dir wichtig, dass nachhaltige Materialien verwendet werden? Holz- statt Plastikfenster? Siehst Du das Haus als Investment? Als zukünftiges Mehrgenerationenhaus? Willst Du neidische Nachbaren? :) Es hilft, hier möglichst ehrlich mit Dir zu sein.
– Und natürlich eine Budget-Vorstellung von-bis.
Oder was würdest Du da ergänzen, bzw. was hat bei Dir gut funktioniert?
Grues aus der Schweiz,
Eliane Windlin
Hmm, 33 Anfragen per Mail, echt? Das wäre mir die Zeit nicht wert: Besser vorab Referenzen recherchieren und dann 1 bis max. 3 Gespräche wahrnehmen. Mit dieser Anfragequantität und zig Kostenvoranschlägen, die nicht vorab schon aussortieren, macht man es sich selber schwerer/zeitintensiver und Firmen zusätzliche Arbeit, die im Endeffekt alle anderen mitbezahlen … KV hatten wir pro Gewerk 1 bis max. 3. Planung bei uns mit Architekt (da nur eine Kontaktaufnahme, keine tolle HP aber ersichtlich was alles Unterschiedliches verwirklicht wurde), Vergabe der Gewerke erfolgte selbst – ich such mir meine Handwerker selber aus und da achte ich auch drauf wie die Firma mit den Arbeitern umgeht. Selbermacher trotzdem bei vielen Dingen.
Womit ich mich nicht identifizieren kann: „das Werkzeug macht es aus“ Niemals! Wenn jemand geübt ist oder die nötige Einstellung besitzt, bekommt der mit den einfachsten Mitteln das besser hin! Da hat einer ein Airless-Farbauftragsgerät vom Profi, da hat einer eine Kapp- und Gehrungssäge … Und ich hab mit Lammrolle besser ausgemalt und mit unserer mindestens 1 Viertel Jahrhundert alten einfachen Handkreissäge oha freihand grader geschnitten ;-) Vielleicht braucht es Zeit, aber wenn man 1 bis 2 Jahre Auszeit (falls ich das in deinem Fall richtig gelesen habe) nimmt, ist die locker drinnen! Und da bist du in die Marketingfalle getappt: „mit den Profitools, bekommt das jeder hin“
Vielleicht liest das jemand und hinterfragt Dinge, die als fix hingestellt werden und erreicht damit eine nachhaltigere Nutzung der Rohstoffe. Für eure zukünftigen Projekte: probiert es aus – es lohnt sich :-)
Hallo Ri,
danke für Deinen Input, der hier endlich mal eine Diskussion entfacht…
Nur dass wir uns richtig vestehen:
Mit 33 Anfragen ist gemeint, dass ich in der ersten Mail gefragt habe, ob der Architekt überhaupt ein EFH mit einem gewissen Budget plant und ob er in den nächsten Monaten Zeit hat. Bei ca. 2/3 war das nicht der Fall. Angebot kommt später, schließlich weiß der Architekt doch noch gar nicht, was ich alles will.
Natürlich kann es auch sein, dass Du gleich den richtigen Architekten erwischst. Aber wenn nicht, schreibst Du wieder Mails und wartest wieder auf Antworten… usw.
Das sparst Du Dir, wenn Du am Anfang gleich mehrere anfragst.
Die eigenhändige Vergabe und Bauleitung könnte ich mir beim nächsten Haus auch vorstellen. Für einen Laien ist das allerdings ein unkalkulierbares Risiko.
Versteh mich richtig: Es kann trotzdem funktionieren, klar… Das ist aber nur was , für Bauherren mit Eiern aus Stahl!
Noch ein Satz zum Werkzeug: Ich hab mir auch keine Gehrungssäge gekauft ;-). Ich hab die vom Parkettleger mit genommen…
Und mir später für die Rhombusschalung eine Sägelehre für die HKS aus Restern gebaut…
Aber wenn Du mal versuchst Kalkglätte mit einer normalen Putzkelle aufzuziehen, dann ist Dir klar, was ich meine ;-).
Oder: Warum nutzen Trockenbauer keine Aluleitern, sondern Holzleitern? Weil die Dinger einfach sicherer sind und man damit laufen kann, wie auf Stelzen.
Stimmt, es kommt nicht darauf an das neueste hyperstylische Handwerkerspielzeug zu haben, sondern Werkzeug, dass die gewünschte Qualität liefern kann.
Und vielleicht gibt´s ja auch einen Freund, der mal was ausleiht.
Viele Grüße
Mario